Tiefe Wälder, Teiche, glucksernde Bäche und Moore, Granitblöcke und Moosteppiche, goldenes Herbstlicht und Nebelschwaden, einsame Wege und Baumhäuser, …
Wir hatten wieder einmal die Gelegenheit, in diese ganz besondere Landschaft einzutauchen. Zwischen zwei Workshop-Wochenenden in der GEA Akademie streiften wir durch die Gegend, suchten bekannte Orte auf und entdeckten Neues.
Im Schremser Hochmoor waren wir ja schon oft, trotzdem ist es immer wieder schön, da jede Jahreszeit diese Landschaft anders in Szene setzt. Und diesmal haben wir auch einen Kindheitstraum wieder aufleben lassen, indem wir uns für eine Nacht in der Baumhauslodge am Rande des Hochmoores einquartiert haben. Rund um einen kleinen Teich, der aus einem ehemaligen Steinbruch hervor gegangen ist, sind fünf kleine Häuser mitten in die Bäume oder an die Klippen gesetzt. Das Plätschern des Wassers im Teich und das Rauschen des Windes in den Bäumen sind die einzigen Geräusche, die wir wahrnehmen, während wir hinauf steigen in „unser“ Baumhaus. Oben angekommen empfängt uns wohlige Wärme von einem kleinen Ofen, ein gemütlich einfach aber gediegen eingerichteter Raum, der rundum Ausblick mitten in die Bäume gibt, und eine herzhafte Steinbruchjause. Das tut nach einer Wanderung durchs herbstliche Hochmoor so richtig gut. Und auch mit einem guten Gläschen beim Ofen sitzen und schauen. Nur schauen – die Rinde einer Föhre, die gelben Blätter des Ahorns, Fichtenzweige mit ihren Zapfen – zuschauen, wie es langsam dunkel und immer geheimnisvoller wird. Als es so finster ist, dass es nichts mehr zu schauen gibt, fallen wir glücklich und müde ins bequeme Bett. Die Eule sagt Gute Nacht und das Eichhörnchen dann Guten Morgen. Erholung pur!
Die nächsten Tage sind wir großteils zu Fuß unterwegs, in der Blockheide, rund um den Ottensteiner Stausee, von Teich zu Teich rund um Pürbach oder im tiefen Wald gleich bei Schrems. Das Gehen in dieser Landschaft aus Wäldern, Wasser und Granit ist so wohltuend, gerade in Zeiten wie diesen, um Abstand zu bekommen von den verrückten Vorgängen in unserer momentanen Welt. Bilder, die wir davon mitgebracht haben, können dich liebe*r Leser*in vielleicht auch für ein paar Momente dorthin entführen und zur Ruhe kommen lassen.
Auch einige der kleinen Städte des Waldviertels sind eine Entdeckung wert. Ganz besonders Weitra! Schon von weitem ist das die Stadt überragende Rennaissanceschloss mit seinen vielen Giebeln zu sehen. Errichtet auf einem Granitplateau über der Lainsitz ist es eine sehr alte Stadt und auch heute noch von einer Mauer umgeben. Wir betreten sie durch das obere Stadttor, und befinden uns nach wenigen Schritten gleich am Hauptplatz mit seinem prächtigen Rathaus, das von unzähligen Bürgerhäusern, viele ebenfalls aus der Rennaissancezeit, umrahmt wird. Ein kurzer Aufstieg zum Schloss gewährt einen Blick über die Dächer der Stadt und in die umgebende Landschaft. Wieder zurück am Hauptplatz stoßen wir unterhalb des Rathauses auf die Zisterne. Ein noch sehr gut erhaltener gotischer Bau und wohl auch ein mystischer Ort. Als wir daraus wieder am Hauptplatz auftauchen, kommt gerade die Sonne hervor und setzt das Städtchen mit seinen hübschen Häusern in ein besonderes Licht.
Voll von Eindrücken, auch vom Schmökern in netten, kleinen Geschäften und gut gestärkt von der Einkehr im Brauwirtshaus, fahren wir zurück nach Schrems, legen aber noch in Gmünd einen Stopp ein. Dieses Städtchen kennen wir schon, wir möchten aber noch einen Spaziergang im Schlosspark unternehmen, der beim letzten Besuch durch ein Gewitter vereitelt wurde. Alte Bäume, große Wiesen und ein Teich, der Springbrunnen und die zwei goldenen Enten lassen die Gedanken fliegen und Geschichten ersinnen …
Ein weiterer entrückter Ort, den wir durch Zufall bei unseren Streifzügen entdecken, ist eine aufgelassene und nun der Natur überlassene Textilfabrik. Die Anderlfabrik, wie sie genannt wird, liegt völlig abgeschieden in der Natur, ein schmaler granitgepflasterter Weg führt dorthin und ein Loch in der Umzäunung lockt uns einzutreten. Eine Fabrik, die sich ohne große Veränderungen aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert in die Gegenwart herübergerettet hat. Wir erfahren später, dass sie erst 2004 geschlossen wurde. So entdecken wir Säle, in denen noch die Webstühle stehen, aufgebäumt und so, als wären sie gerade eben verlassen worden. In einem anderen Raum stehen Schachteln voll mit Garnen, viele davon aus Leinen, auch die Lochkarten liegen noch überall herum. Wir sind fasziniert, da wir uns vor einigen Jahren ja auch mit der Weberei beschäftigt haben, ein flashback in diese Zeit.
Nicht unweit davon gibt es eine weitere Textilfabrik, die im Unterschied dazu aber heute noch in Betrieb ist. Backhausen ist ein Traditionsunternehmen, das als k. u. k. Hoflieferant begann, dann mit Designern der Wiener Werkstätten wie Koloman Moser, Josef Hoffmann oder Otto Wagner zusammenarbeitete. Auch heute noch werden deren Muster verwendet und edle Stoffe vor allem für die Inneneinrichtung hergestellt. Eine interessante Gegenüberstellung:
Das Waldviertel hat also vieles zu bieten: Natur, nette Städtchen, Handwerk und auch Kultur. So konnten wir in dieser Woche auch noch ein Konzert genießen, das von der GEA organisiert wurde. Die Musikerin und Sängerin Sigrid Horn, die moderne Balladen in niederösterreichischem Dialekt vorträgt, machte Station in Schrems. Die tiefgehenden Texte mit Klavier, Ukulele und Harfe begleitet, machten diesen Abend zu einem auf andere Art und Weise, als den im Baumhaus, unvergesslichen.
Wieder zu Hause, gestärkt vom Waldbaden und den schönen Begegnungen in der GEA Akademie und bei unseren Workshops, freue ich mich jetzt schon auf den nächsten Besuch im Waldviertel.
Andrea