Traumhaftes Umbrien

Vor wenigen Tagen ist in Österreich ein Schuljahr zu Ende gegangen und die Sommerferien haben begonnen. Obwohl unser endgültiger Schulschluss schon drei Jahre zurückliegt, ist jene Zeit für mich noch immer eine Zäsur im Jahreslauf – zu lange hat dieser Rhythmus mein Leben bestimmt. Heuer erinnere ich mich aber aus gutem Grund an den Schulschluss des Jahres 2000. Damals haben wir uns in unseren Schulen verabschiedet, um ein Sabbatical, eine einjährige Auszeit, zu beginnen. Für uns aber ist es um mehr als um dieses Jahr gegangen, denn wir sind schon damals einem Traum gefolgt und wollten eigentlich nicht in die Schule zurückkehren. Dieser Traum hatte noch überhaupt nichts mit dem Tango zu tun – der Tango ist erst Jahre später in unser Leben getreten – sondern mit unserem Sehnsuchtsland Italien.

In den späten 1990ern sind wir mehrmals im Jahr nach Mittelitalien, in die Toskana und auch nach Umbrien, gereist und irgendwann ist der Traum entstanden, dort ein altes Bauernhaus zu kaufen, zu renovieren und daraus ein Gästehaus zu machen. Im September 2000 sind wir mit Sack und Pack aufgebrochen, wir hatten uns in den Hügeln oberhalb des Lago Trasimeno in einem alten Steinhaus eine Wohnung gemietet, und unser Leben in Italien hat begonnen. Wir haben in diesem Jahr 90 (!) Häuser besichtigt, einige davon waren wunderschön und auch sehr interessant und passend für unsere Pläne, wir hätten ein Buch über Makler schreiben können und unser Italienisch war perfekt bei allem, was mit Häusern zu tun hatte. Das Problem war leider der Preis, der in jenem Jahr (angeblich aufgrund der bevorstehenden Euroumstellung und der damit verbundenen Bezahlung in bar …) enorm angestiegen ist und damit einerseits unser Budget und andererseits unsere Risikofreudigkeit für eine Finanzierung überstieg. Wir sind also am Ende dieses Jahres nach Österreich zurückgekehrt und haben danach auch wieder als Lehrerinnen gearbeitet. Unseren Traum vom Haus am Land haben wir in den folgenden Jahren hier im Südburgenland verwirklicht, indem wir ein altes Bauernhaus renoviert haben, in dem wir immer noch wohnen.

War dieses Jahr also eine Niederlage – ausgeträumt der Traum von Italien? Nein, denn es war einfach wunderschön, ein Jahr lang in Italien zu leben! Wir sind verändert und bereichert zurückgekehrt, was natürlich nicht heißt, dass es da nicht auch Zeiten gab, in denen wir traurig waren und uns von unserem Traum verabschieden mussten.

Nun, warum erzähle ich all das? Warum kommen mir gerade heuer dieser Schulschluss und der Beginn unseres Lebens in Umbrien in den Sinn?

Weil unser Leben mit dem Tango uns demnächst nach Umbrien führen wird!!! Und zwar in ein wunderschönes, altes Castello, wie die Bauernhäuser in Mittelitalien aus Stein gebaut und herrlich gelegen auf einem kleinen Hügel mit Aussicht über die umbrische Landschaft. Wir wohnten damals wenige Kilometer entfernt von jenem Castello di Monticelli, das südöstlich des Lago Trasimeno liegt und liebevoll zu einem Hotel umgestaltet wurde.

Über Silvester werden wir dort für Women Fair Travel einen Tangokurs für Frauen geben und damit an eine andere Tradition, die wir in jenen späten 1990er Jahren gepflegt haben, anknüpfen. Wir sind damals mehrere Jahre hintereinander über Silvester in der Toskana oder in Umbrien gewesen. Im Winter sind die Landschaft und ihre Stimmung beinahe noch faszinierender als im Sommer. Nicht nur, weil weniger TouristInnen unterwegs sind, ist es möglich das Land und seine Menschen unmittelbarer zu erleben. Das Besondere ist das Licht der tiefstehenden Sonne! Einfach traumhaft schön, wie das Land, das um diese Zeit in leuchtendem Grün erstrahlt, in diesem Licht zur Geltung kommt und in manchen Augenblicken fast magisch wirkt. Der See, im Sommer als milchig-braune Fläche eher unspektakulär, wird nun zum Star eines Farbenspiels, das von den umliegenden Hügeln aus wie von Logenplätzen zu sehen ist: mehrmals am Tag wechselt er sein Aussehen in allen erdenklichen Blau- und Grüntönen, spiegelt die Wolken und reflektiert das Licht. Dass es dazu noch angenehme Temperaturen gibt, die einmal am Neujahrstag sogar ein Picknick im Olivengarten möglich machten, macht den Aufenthalt natürlich noch feiner.

Und heuer werden wir in der Silvesternacht in Umbrien Tango tanzen! Der Kurs ist eine Kombination aus unserem Solo Tango Workshop, in dem jede allein in der Gruppe Tango tanzt, und der Möglichkeit für den klassischen Tango Argentino als Paartanz. Beides soll nebeneinander Platz haben und uns allen miteinander ein völlig neues Tangoerlebnis eröffnen. Und gestärkt für diese Tangonacht werden wir nach einem köstlichen Silvestermenü, das in Italien der Mittelpunkt der Feier zum Jahresabschluss ist, auf jeden Fall sein.

Wie sehr ich mich darauf schon freue, steht wohl deutlich zwischen den Zeilen. Vielleicht ist diese Freude ansteckend???

Sigrid

 

1 Kommentar zu „Traumhaftes Umbrien“

  1. Martina Teller-Pichler

    Hallo Sigrid! Hab etwas wehmütig deinen Artikel gelesen – und dich wie jedes Jahr besonders zum Schulschluss vermisst! Deine Abschlüsse waren immer auch für mich ein willkommener Abschluss, ein Innehalten und ein Start für den nächsten Neubeginn. Ich wünsche Euch einen schönen Sommer! Alles Liebe! Martina

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