Riviera Crikvenica

So nennt sich die Küste, an der wir uns gerade für zwei Tangowochen aufhalten, südlich von Rijeka in der Kvarner Buch gelegen. Ich sitze, während ich diese Zeilen schreibe, unter den Arkaden des Hotels Kvarner Palace, benannt nach eben dieser Bucht. Mein Blick schweift zwischendurch hinüber zur Insel Krk, das Meer tiefblau, etwas bewegt mit kleinen Schaumkrönchen und hoch oben Möwen, die ihre Kreise ziehen.

In der Kvarner Bucht befinden sich insgesamt 36 Inseln, die größte davon, die Insel Krk liegt direkt gegenüber des Ortes Crikvenica. Vom Ort aus Richtung Süden hat man auch einen wunderbaren Blick auf das Velebitgebirge und deshalb nennt man die Meerenge zwischen der Riviera Crikvenica und der Insel Krk Velebitkanal. Crikvenica ist ein Badeort, dem man jetzt – Mitte Mai – beim Erwachen in die Sommersaison zuschauen kann. Es wird gereinigt, restauriert und frisch gestrichen, an den Stränden Sand verteilt und planiert.

Eher ungewöhnlich für Kroatien gibt es hier viele Sandstrände, aber der Sand wird im Verlauf eines Jahres durch die Winde, sei es die Bora, der Jugo, der Schirokko oder der Mistral, ins Meer verblasen. So muss jedes Jahr zum Beginn der Saison Sand aus dem Landesinneren von Kroatien hierher gebracht und an den Stränden wieder verteilt werden. Die Strände in Kroatien sind alle öffentlich, also für alle gleichermaßen zugänglich, was den Kroat*innen sehr wichtig ist. Das gilt auch für den Strand in der kleinen Bucht unterhalb des Hotels. Das Hotel bekommt eine Konzession, sodass es eine Bar betreiben und Liegen aufstellen darf. Den Strand in dieser ruhigen Bucht nennt man übrigens auf Grund der Pinien, die ihn einrahmen, den schwarzen Strand.

Von hier aus führt eine kleine Straße, die später in eine Promenade übergeht, direkt ins Zentrum von Crikvenica. Gestern haben wir diesen Spaziergang mit der Stadtführerin Silvia unternommen, die uns auch einiges über die Geschichte des Ortes, die eine lange ist, erzählt hat. Schon zur Römerzeit gab es hier eine Siedlung, allerdings nicht direkt am Meer, sondern etwas im Hinterland nahe dem Fluss Dubračina. Diese viel allerdings einem Brand zum Opfer und wurde vollkommen zerstört, weshalb die Menschen flussabwärts bis zur Mündung ans Meer flüchteten und hier den Grundstein für einen Fischerort legten.

Dort, wo der Fluss Dubračina in die Adria mündet, befindet sich ein altes Kloster und hier ist auch der älteste Teil des Ortes. Dieser entwickelte sich rasch zu einem Fischerdorf. Durch das viele Süßwasser, das aus dem Velebitgebirge ins Meer mündet, ist das Wasser hier besonders rein und die Fische, die hier gefangen werden, gehören zu den besten. Die Menschen hier haben also lange Zeit vom Fischfang gelebt. Mit dem Aufkommen des Tourismus wurde allerdings die Fischerei immer mehr verdrängt. Heute ist es so, dass keine Fischerboote mehr im Hafen von Crikvenica anlegen dürfen, weil sich die Tourist*innen dadurch gestört fühlen. Die Fischerboote wurden von Ausflugsbooten abgelöst und nur mehr die Statue eines Fischers – umgeben von touristischem Ambiente – zeugt von der vergangenen Zeit.

Der Tourismus begann hier Ende des 19. Jahrhunderts, als Adelige und Bildungsbürger das Reisen für sich entdeckten. Das milde Klima und die gute Meeresluft machten Crikvenica zu einem Kurort vor allem für den ungarischen Adel. Villen, Parkanlagen, Hotels und ein Seebad entstehen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. So auch das Kvarner Palace, das heuer sein 130jähriges Bestehen feiert. Sowohl dieses Hotel als auch viele der anderen Villen und Gebäude haben eine wechselvolle Geschichte hinter sich: Besitztumsänderungen, Leerstand, unterschiedliche Nutzungen, bis hin zum Verfall. Mittlerweile wurde vieles wieder restauriert, so erstrahlt zum Beispiel das alte Hotel Miramare wieder in neuem Glanz, bei manchen Gebäuden, wie dem alten Kino des Ortes, ist man gerade dabei, es gibt aber noch immer auch Leerstand oder sogar Ruinen, sogenannte lost places. Bei vielen Gebäuden wusste bzw. weiß man nicht, wer die eigentlichen Besitzer*innen sind, denn Mitte des 20. Jhds. sind viele Menschen ausgewandert und die zweite oder dritte Generation weiß gar nichts von ihrem Eigentum. Die Stadtregierung versucht seit Jahren diese Besitzverhältnisse zu klären, um eine Wiederbelebung der alten Gebäude zu ermöglichen. Kein leichtes Unterfangen.

Das Hotel Kvarner Palace wurde im Jahr 2014 von der Familie Holleis erworben und komplett restauriert. Man hat dabei verloren gegangene Details rekonstruiert und im Stil der Belle Epoque wieder hergestellt und auch den Gartenpark neu bepflanzt. Ein wunderschönes Ambiente, das hier unsere Homebase ist.

Von hier aus gibt es nämlich viel Möglichkeiten auszuschweifen. Wer es gemütlich angehen will, spaziert entlang der Promenade in den Ort. Direkt am Meer, gesäumt von Palmen und anderen mediterranen Pflanzen gelangt man in 15 Minuten zum Hafen von Crikvenica. Unterwegs bietet sich das Sabbia, ein Lokal, das auch jetzt schon geöffnet hat, an, um auf ein Getränk einzukehren.

Wer es sportlicher mag, begibt sich auf den Liebespfad, der vom Ortszentrum aus in ein Tal ins karstige Hinterland führt. Der Weg ist gut markiert, teils bewaldet, teils mit schönen Ausblicken und am Wegesrand duften die Wildkräuter, wie Salbei oder Thymian. Wir sind bis zu einer Ruine, die am Weg liegt, gegangen und sind dort umgekehrt, man könnte aber auch je nach Zeit und Kondition weiter gehen. Wir haben diese Wanderung in ruhiger Natur jedenfalls sehr genossen.

Für alle, die nicht so gerne zu Fuß unterwegs sind, gibt es die Möglichkeit sich im Hotel ein Fahrrad auszuborgen und die Küste entlang zu radeln, was zwei unserer Teilnehmerinnen der letzten Woche gemacht haben und ganz begeistert waren. Oder wie wäre es mit einem Ausflug per Boot hinüber zur Insel Krk? Wir planen diesen Ausflug fürs nächste Jahr und werden sicher darüber berichten. Ja, die Liebe zu diesem kroatischen Küstenabschnitt wird immer größer, wir kommen wieder!

Andrea

2 Kommentare zu „Riviera Crikvenica“

  1. Danke für diesen sehr informativen Einblick, jetzt kann ich mir mehr von Eurer neuen Tangoheimat vorstellen ! Es gibt auch dort reizvolle Details, wenn frau die Augen offenhält.

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