Essen und Trinken, Schlemmen und Genießen war für uns schon immer wichtig, wenn es ums Reisen ging. Sind wir damals im Urlaub meist abends zum Essen ausgegangen, so kochen wir jetzt, auf unseren langen Reisen, selbst für uns. Die Vorstellungen von einer Reise ins Schlaraffenland sind ja wohl recht unterschiedlich, aber mit Italien im Allgemeinen und der Toskana im Besonderen erfüllt sich für uns dieser Traum!
Die Küche der Toskana ist im Grunde genommen sehr einfach und bodenständig. Die Gerichte bestehen aus relativ wenigen verschiedenen Zutaten, diese aber sind von hervorragender Qualität. Durch die eher einfache Zubereitung kommt der Geschmack voll zur Geltung. Und an Stelle von Milch und Honig fließen hier ja bekanntlich Olivenöl und Wein …
Nun, was kommt also derzeit bei uns auf den Tisch? Pasta, und zwar beinahe täglich! Dass dies keineswegs langweilig wird, liegt einerseits an den unzähligen vielen Formen, in denen es die Teigwaren hier gibt und den ebenfalls vielfältigen Möglichkeiten an Nudelgerichten, jeweils abgestimmt auf die Pasta, die daraus entstehen. Zuerst also einmal die klassische Pasta pomodori, mit voll reifen, geschmackvollen Fleischtomaten, klein geschnitten, lange in Olivenöl geschmort, gewürzt mit selbst gesammelten Kräutern und am Tisch noch mit frischem Parmigiano vollendet. Einfach, köstlich, einfach köstlich! Das Schälen der Tomaten, das hierfür notwendig ist, geht viel leichter als in sämtlichen Kochbüchern beschrieben: Man braucht kein Wasser aufzukochen und die Tomaten darin ziehen lassen, um die Haut anschließend abziehen zu können. Von Elena, einer Frau, die in Cortona hier in der Toskana gelebt hat und letzten Winter mit 90 Jahren gestorben ist, haben wir vor Jahren gelernt, wie sie Tomaten schält: Mit dem Messerrücken fest über die Tomatenhaut streifen und danach einfach die Haut abziehen. Einzige Voraussetzung, damit es bestens funktioniert: die Tomaten müssen gut reif sein und es müssen natürlich Fleischtomaten sein – denn wie bei der Pasta gilt auch hier – Tomaten sind nicht gleich Tomaten! Beim Würfeln dann die Kerne und die Flüssigkeit weggeben und nur das Tomatenfleisch zerkleinern. Fertig!
Da wir hier nahe der Grenze zu Ligurien sind, gibt es in den Geschäften Pesto Genovese, das Sugo aus Basilikum, Pinien und Olivenöl, offen zu kaufen. Wir machen daraus ein typisches Gericht aus Ligurien: Trenete. Wie der Name schon verrät sind hierfür drei Zutaten nötig: kleine und möglichst junge grüne Bohnen in Stücke geschnitten, gewürfelte Kartoffeln und Pasta. Diese drei werden gemeinsam gekocht und direkt am Teller kommt das Pesto darüber. Wir reiben den Parmigiano auch hier frisch über die Pasta, man kann ihn aber auch ins Pesto einrühren.
Nun, in Italien gibt es ja üblicherweise auch ein Antipasto, also eine Vorspeise. Auch die lassen wir uns hier nicht entgehen. Da wäre einmal eine Insalata di finocchio, äußerst simpel und köstlich: Den Fenchel in möglichst dünne Streifen schneiden, am Teller auflegen, bestes Olivenöl, frisch gemahlenen Pfeffer und Salz darüber – fertig ist der Antipasto! Oder, wenn es einmal etwas deftiger sein soll, dann machen wir uns Radicchio con Lardo: Lardo ist der weiße Speck, den es in diesem Teil der Toskana gibt (ansonsten ist er eher in den Alpenregionen Italiens zu finden). Radicchio vierteln, der Strunk bleibt dabei, damit er nicht auseinanderfällt, und in eine Form geben. Wieder kommt Olivenöl, Salz und Pfeffer darüber und dann wird der Lardo darauf verteilt. Das ganze kommt für ca. 15 Minuten ins Rohr. Eine perfekte Vorspeise, weil die Bitterstoffe des Radicchio die Magensäfte so richtig in Gang bringen ….
Dass die toskanische Küche gerne mal deftig ist, merkt man, wenn man in einem Rifugio, einer Berghütte, zum Mittagessen Rast macht, wie wir es bei unseren zwei Wanderungen getan haben. Einmal gab es Zuppa fagioli, also eine kräftige Bohnensuppe, wie es sich gehört mit einem kräftigen Strahl Olivenöl. Anschließend aßen wir eine Frittata di zucchini, ein Fladen aus Eiern und ganz kleinen Zucchini mitsamt deren Blüten. Im zweiten Rifugio kosteten wir, ebenfalls nach einer kräftigen Zuppa toscana, ein Gericht aus Polenta. Als es serviert wurde, waren wir überrascht über die Farbe dieses Gerichts, denn es war nicht gelb, sondern beinahe schwarz. Wie sich herausstellte, wurde das Maismehl hier mit Mohn vermengt und das ganze wurde danach mit Käse überbacken. Sehr interessant und köstlich und vor allem auch perfekt, um sich für den Rest der Wanderung zu stärken. Ganz selbstverständlich war es übrigens auf diesen Berghütten, zum Mittagessen Rotwein zu trinken – wir sind ja in der Toskana!
Und somit bin ich beim Wein angelangt. Der übliche Rotwein hier wird aus „der Toskanatraube“, Sangiovese, gekeltert und ist daher auch sofort als „echter Toskaner“ zu erkennen: Beim ersten Schluck eher kantig, gar nicht rund und geschmeidig, entfaltet er sich erst so richtig, wenn man etwas dazu isst. Und genau das ist hier üblich: man trinkt Wein eigentlich nicht einfach so, sondern es wird immer etwas dazu gegessen. Wenn man also in einer Bar ein Glas Wein bestellt, dann gibt es dazu auf jeden Fall etwas zum Knabbern. Wirklich überrascht waren wir aber, als wir gleich eine ganze Jause serviert bekommen haben – wir hatten zwei Glas Rotwein bestellt und auch nur diese bezahlt! Der Weißwein dieser Gegend wird aus jener Traube gemacht, die in den Colli di Luni, gleich über die Grenze in Liguren, und an der ganzen toskanischen Küste zu Hause ist. Vermentino heißt sie, die Menschen hier sagen aber einfach „Vermo“ zu „ihrem“ Weißwein: ein trockener, vollmundiger Wein, der sich wunderbar als Essensbegleiter eignet. Außerdem wird hier auch gerne ein Frizzante getrunken, leicht und frisch, mit wenig Kohlensäure der perfekte Aperitivo.
Da fehlt für mich nur noch eines, um im Schlemmerparadies zu sein: Brot! Ich liebe Weißbrot und hier wird es in unzähligen Varianten gebacken: Focaccia, ein Fladenbrot mit viel Olivenöl, senza sale, also ohne Salz, wie es für das toskanische Bauernbrot üblich ist, Integrale, zur Hälfte gemischt mit Dinkelvollkornmehl, Ciabatta, leicht und luftig, … Spätestens jeden dritten Tag sind wir in der Bäckerei, um uns erneut mit diesen Köstlichkeiten zu versorgen. Und dann geht es wieder weiter mit dem Genießen!
Buon appetito!
Sigrid