Die Sehnsucht nach dem Reisen können wir im Moment nicht real stillen, so lade ich zu einer imaginären Reise ein in die Geburtsstadt des Tangos, untermalt mit Tangomusik, in der diese Stadt besungen und verehrt wird. Es gibt nämlich gar nicht so wenige Tangos, in denen Buenos Aires ganz im Allgemeinen oder einzelne Stadtviertel, sogenannte barrios, Wege, Straßen, sogar die Straßenecken, oder ganz einfach die Nächte in dieser Stadt in der Musik und den Texten beschrieben werden. Entonces vamos!
Beginnen wir also mit einem Tango, in dem die Liebe der portenos (so nennen sich die Bewohner*innen von Buenos Aires) zu ihrer Stadt ganz besonders zum Ausdruck kommt. In Mi Buenos Aires querido singt Carlos Gardel stellvertretend für viele: Mein geliebtes Buenos Aires, am Tag, an dem ich dich wiedersehe, wird es kein Leid und keine Achtlosigkeit mehr geben. Carlos Gardel gilt ja neben Evita und Maradonna als einer der drei Nationalheiligen Argentiniens, und dieser von ihm komponierte Tango ist wohl so etwas wie eine Hymne, zumindest für seine Hauptstadt.
Nach diesem alten Tango aus dem Jahr 1934 wechseln wir nun zu dem modernen Electrotango Santa Maria Del Buen Ayre von Gotan Project, der uns zurückführt in die Anfänge dieser Stadt. Gegründet als Hafen im Jahr 1536 war Maria die Schutzheilige der Seeleute und man wünschte sich gute Winde für die Überfahrt nach Europa.
Der Ursprung von Buenos Aires war also der Hafen, der heute ein Stadtteil namens La Boca ist. Der Mund, der alle Einwander*innen aufnahm und sich einverleibte. Dort liegen auch die Ursprünge des Tangos, in den Hafenkneipen, Spelunken und Mietskasernen wurden die ersten Tangos gespielt und gesungen. So wie damals ist es auch heute noch ein armes Viertel, nur ein ganz kleiner Teil direkt am Hafen ist zur Touristenmeile avanciert. Die Bilder von den bunten Häusern aus Blechteilen kennt man aus jeder Reisebroschüre und ein Weg, der da durchführt, heißt Caminito. Im folgenden Tango wird ein kleiner Weg in dieser Stadt besungen und mittlerweile assoziiert man damit genau diesen Weg.
Nicht um einen Weg, sondern um genau das Gegenteil handelt es sich bei der nächsten Sehenswürdigkeit. Mit 16 Fahrspuren, 3 Ampelphasen um sie zu überqueren, gesäumt von Jacaranda und anderen exotischen Bäumen, ausgestattet mit dem Obelisken und dem Teatro Colon (Opernhaus) ist sie für die portenos die größte und schönste Prachtstraße der Welt und die Pulsader von Buenos Aires. Kein Wunder also, dass es einen Tango gibt, der diese Straße, genannt Nueve de Julio, rühmt:
Alle Straßen in Buenos Aires laufen geradlinig, die Stadt wurde wie viele amerikanische Städte schachbrettartig angelegt, und so gibt es auch sehr viele Straßenecken. Sie dienen zur Orientierung, wenn man einen Treffpunkt ausmacht, gibt man eine Straßenecke an. In vielen Eckgebäuden befinden sich Cafés oder Tangolokale. Im folgenden Tangovals besingt Mercedes Simone die Esquinas portenas.
Wenn man Buenos Aires besucht, darf auch ein Ausflug in die Umgebung nicht fehlen. Besonders beeindruckend ist das Delta der beiden Flüsse Rio Parana und Rio Uruguay und einiger kleinerer Flüsse, die schließlich als Rio de la Plata in den Atlantik fließen. Das Mündungsgebiet mit seinen unzähligen Flussläufen und –armen, Inseln und Inselchen liegt nördlich der Stadt. Einen der kleineren Nebenflüsse, den Rio Tigre, lässt Francisco Canaro im Tango El Tigre vor meinem inneren Auge erscheinen.
Zurück in der Stadt suchen wir noch ein Viertel auf, das mit seinen gepflasterten Gassen, alten Straßenlaternen, dem sonntäglichen Flohmarkt, den vielen Tangolokalen und der Plaza Dorrego, wo es regelmäßig Openair-Milongas gibt, den Flair ausstrahlt, der im Kopf entsteht, wenn man an Buenos Aires denkt: San Telmo.
Beenden wir nun unseren musikalischen Trip, indem wir noch in das Nachtleben eintauchen. Es ist wirklich nie ganz ruhig in dieser Stadt, es gibt rund um die Uhr Geschäfte und Lokale, die offen haben, Menschen, die unterwegs sind, man trifft sich um Mitternacht zum Eisessen und geht anschließend noch auf eine Milonga. Buenos Aires, die Stadt, die niemals schläft. So lassen wir unsere Reise mit Noches de Buenos Aires ausklingen.
Buenos noches, Andrea