Tango zwischen zwei Buchdeckeln

Die Pausen zu zelebrieren ist ein wesentlicher Teil des Tangos. Diese Pause, in der wohl europaweit keine Milonga, kein Festival und kein Kurs, kein Practica und kein Übungsabend stattfinden, ist für Tangotänzerinnen und -tänzer jedoch eine ziemliche Herausforderung. Da bleibt nur, Tangomusik aufzulegen und im Wohnzimmer – solo oder together – zu tanzen. Oder es einmal mit Tango auf dem Sofa zu versuchen: gemütlich mit einem Glas Rotwein wie auf einer Milonga oder einer kuscheligen Decke sowie einer dampfenden Teetasse und einem Buch, das von der Welt des Tangos erzählt!

Im Folgenden stelle ich euch einige Bücher vor, die uns besonders gut gefallen haben und jeweils auf ihre Art spannende Einblicke in die Geschichte und die Geschichten des Tangos geben. Und weil wir alle gerade dabei sind, unseren Alltag neu zu ordnen, möchten wir vorschlagen, die Bücher deiner Wahl nicht bei amazon zu bestellen, sondern bei kleinen Buchhandlungen in Österreich*: der Büchersegler in Graz und Hartliebs in Wien zum Beispiel freuen sich über eine Bestellung per Mail und senden die Bücher gerne per Post zu. Also, viel Spaß beim Gustieren und danach beim Lesen!

Die Tangospielerin führt uns in die Anfänge des Tangos, als zugewanderte Menschen aus Europa anstatt der Erfüllung ihrer Träume in Buenos Aires ein Leben in überfüllten Mietskasernen und Elend erwartete. Die junge Italienerin Leda muss bei ihrer Ankunft auch noch feststellen, dass ihr Ehemann tot und sie nun völlig allein ist in diesem fremden Land. Es bleibt ihr nur eine Truhe mit seinen Kleidern und die Geige ihres Vaters. Und die Entdeckung dieser wunderbaren, besonderen Musik – Tango! Weil es Männern vorbehalten ist, diese Musik zu spielen, wagt sie einen kühnen Schritt: mit kurzen Haaren und im Anzug ihres Mannes nimmt sie die Geige in die Hand und wird Teil einer Tangogruppe. Wie lange kann sie ihr Geheimnis bewahren und was soll sie tun, als sie ihrer großen Liebe begegnet?
Fesselnd bis zum Schluss erzählt dieser Roman nicht nur die Geschichte einer faszinierenden Frau am Anfang des 20. Jahrhunderts, sondern ermöglicht spannende Einblicke in die Geschichte der Tangomusik und die Stadt Buenos Aires jener Zeit – und das in einer wunderbaren Sprache!
Carolina De Robertis, Die Tangospielerin, Fischer Taschenbuch

Drei Minuten mit der Wirklichkeit vereint scheinbar unüberwindbare Gegensätze: Politkrimi und Liebesgeschichte, Tangotanz und Ballett, die Militärdiktatur in Argentinien und den Alltag im heutigen Berlin. Der junge Tangostar Damian verschwindet während eines Gastspiels in Berlin spurlos, nachdem er den Vater seiner Geliebten Giulietta kennenlernte. Um ihn zu suchen, reist die junge Balletttänzerin nach Buenos Aires und begegnet dort nicht nur der dunklen Vergangenheit dieser Stadt, sondern auch der ihrer Heimat und ihres Vaters.
Das Buch wurde uns vor einigen Jahren von einer Freundin, die nicht Tango tanzt, mit den Worten empfohlen: Wenn es für mich schon so spannend war, wie muss es dann erst für euch als Tangotänzerinnen sein!
Wolfram Fleischhauer, Drei Minuten mit der Wirklichkeit, Knaur Verlag

In Buenos aires, mi amor ist die Stadt des Tangos die eigentliche Hauptdarstellerin!
Nach einem Jahr auf Gran Canaria kehrt die Tangolehrerin Elena nach Buenos Aires zurück und saugt die Atmosphäre der Stadt begierig auf. Nur zum Teil war es ihr in der Ferne gelungen, das Rätsel um das Leben ihrer verstorbenen Tante Marì zu lösen. Und auch ihre Gefühle für Inés, jene Deutsche, die sie dort bei dieser Suche unterstützt hat und mit der sie eine kurze, leidenschaftliche Affäre hatte, sind alles andere als klar. Als Inés nach Buenos Aires kommt und sie gemeinsam diese Suche fortsetzen, durchstreifen sie nicht nur die Barrios der Stadt, sondern finden endlich Worte für ihre Gefühle. Bleibt die Frage, ob sie nochmals miteinander Tango tanzen werden und ob es eine gemeinsame Zukunft für die beiden Frauen gibt.
Neben spannenden Einblicken in den Alltag Argentiniens nach dem Corralito und einem Blick auf das gesellschaftliche Leben im Buenos Aires der 1960er Jahre lässt die Autorin uns eintauchen in diese faszinierende Stadt, die so lebendig beschrieben wird, wie wir selbst sie in Erinnerung haben.
Bettina Isabel Rocha, Buenos Aires, mi amor, Verlag Krug & Schadenberg

Auch in Die Schönheit der Nacht ist der Tango nicht Haupt- sondern nur ein Nebendarsteller, der erst im letzten Viertel des Buches seinen Auftritt hat. Dann aber wird das, was den Tango ausmacht, vortrefflich beschrieben und das Tanzen verändert die Personen und ihre Beziehungen zueinander grundlegend.
Die Geschichte zweier gänzlich unterschiedlicher Frauen ergründet, wie ein erfülltes Leben gelingen kann – ohne Masken und Verstellung. So war dieses Buch für uns ein wesentlicher Impuls für eine Tango-Mitternachtseinlage auf einem Wiener Ball: ein Spiel mit den Masken, der Blick hinter die Maske und die Bereitschaft, Masken abzunehmen und einander anzusehen wie niemals zuvor.
Nina George, Die Schönheit der Nacht, Knaur Verlag

Sigrid

Anmerkungen:
Das Beitragsbild zeigt die Libreria El Ateneo, die in Buenos Aires, mi amor ab S. 110 beschrieben wird.

* Die Leserinnen und Leser in Deutschland bitte ich, selbst eine Buchhandlung in ihrer Nähe ausfindig zu machen oder direkt beim Verlag zu bestellen.

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