Jedes Jahr im Sommer wird Wien zu einer großen Bühne für den zeitgenössischen Tanz, wenn IMPULSTANZ zu Aufführungen, Performances, Workshops, Ausstellungen, … lädt. Und wir haben die Gelegenheit genutzt, nach unserem Sommerfrischeaufenthalt im Ötschergebiet nicht direkt, sondern über Wien heim zu reisen. Denn dieses Jahr gab es im Rahmen des oben genannten Festivals eine ganz besondere Vorstellung: die Compagnie von Pina Bausch spielte deren Stück Masurca Fogo als österreichische Erstaufführung am Burgtheater. Das mussten wir sehen!
Schon lange interessierten wir uns für die deutsche Tänzerin und Choreografin Pina Bausch. Sie übernahm 1973 als 33Jährige in Wuppertal das Tanzensemble der Ballettsparte und nannte es sehr bald in Tanztheater um. Ihr Ziel war, Tanz und Theater miteinander zu verbinden. Sie fügte Sprache, Schauspiel, Gesang und später Einflüsse aus der Kunst der ganzen Welt hinzu. Dadurch entwickelte sie eine neue Tanzsprache und wurde zu einer der bedeutendsten Choreografinnen der Gegenwart. Insgesamt schuf sie 44 Stücke. In diesen steht stets der Mensch mit seinen Hoffnungen, Zweifeln, Ängsten und Freuden im Mittelpunkt. Über Fragen an die Tänzer*innen näherte sich Pina Bausch ihren Themen, jede*r brachte die eigene Persönlichkeit ein und so wurden die Stücke gemeinsam erarbeitet.
Die Compagnie wurde als Tanztheater Wuppertal weltberühmt und gab auf allen Kontinenten Gastspiele. Als Pina Bausch 2009 plötzlich starb, war das für das gesamte Ensemble ein Schock. Im Film Pina von Wim Wenders, der erst nach ihrem Tod entstand, kommen die einzelnen Mitglieder zu Wort und sprechen über ihre Beziehung zu Pina Bausch bzw. tanzen noch einmal für sie, lassen ihr Leben und Werk hochleben. Für alle, die Tanzfilme lieben, sehr zu empfehlen! Das Ensemble blieb weiter bestehen und zehn Jahre nach dem Tod der Gründerin zählt ein Großteil ihrer Werke noch immer zum Repertoire der Compagnie, die das Erbe pflegt und es mit großer Leidenschaft und Sorgfalt für kommende Generationen erhält.
Und so kamen wir in den Genuss Masurca Fogo zu sehen. In diesem Werk paaren sich südliche Atmosphäre und pure Lebensfreude mit großartiger Musik. Von Jazz und Pop – auch Songs von k.d.lang – über Fado bis zu afrikanischen Trommeln reicht das musikalische Spektrum. Entstanden ist dieses Stück 1998 in Lissabon. Der portugiesische Alltag, seine Menschen, das Land und die Musik dienten als Inspiration. Jetzt in Wien brachten es 34 Tänzer*innen aus unterschiedlichen Generationen, 11 davon haben noch mit Pina Bausch persönlich gearbeitet, auf die Bühne. Wunderbare Soli wechselten mit humorvollen, farbenprächtigen, den Süden feiernden Szenen ab, etwa wenn in einer improvisierten Hütte am Strand die Paare dicht an dicht ausgelassen tanzen. Alle Sinne sind angesprochen, wenn mit Essen, Trinken, Planschen und innigem Tanzen das Leben gefeiert wird – rauschend wie ein portugiesisches Fest. Beim Zusehen packt es eine*n, dieses Fieber, von dem es gut ist, wenn es ansteckend ist. Denn wie sagte doch Pina Bausch: „Tanzt, tanzt, sonst sind wir verloren!“
Für alle, die sich also noch dem Tanz hingeben wollen, das Festival geht noch bis 11. August, auch wenn dieses Stück nicht mehr gespielt wird.
Und selber tanzen ist sowieso immer angesagt, egal in welcher Form!
Andrea
Filmtipp: Pina, Wim Wenders, Deutschland 2011