Salve! (Wie die Menschen hier zur Begrüßung sagen!)
Heute sitzen wir zum Schreiben dieses Berichtes auf dem Hügel nahe unserer Wohnung. Wir spazieren immer wieder hier herauf, lagern uns mit der Picknickdecke mit Blick auf die romanische Kirche oder sitzen, so wie jetzt, im Schatten alter Bäume in dem Cafe, das es hier auch gibt. Hierher kommen hauptsächlich junge Leute, es gibt flotte Musik und auch Livekonzerte; während wir es uns in der Lounge gemütlich gemacht haben, sitzen am Nebentisch zwei junge Lehrerinnen und korrigieren Schularbeiten. Die wissen also auch, wie sie sich das Leben versüßen können. Vielleicht scheint es so, dass auch wir hier mittlerweile „La Dolce Vita“ haben. Abgesehen davon, dass allein schon das hier Sein ein bisschen Urlaub ist, sind wir aber nach wie vor fleißig am Tanzen. Wir haben nur festgestellt, dass unsere neue Arbeit als Straßentänzerinnen ziemlich anstrengend ist und dass wir es unmöglich schaffen, täglich aufzutreten. Im Unterschied zu Köln und Wien im letzten Jahr merken wir auch, wie wichtig es ist, neben den Auftritten täglich zu trainieren und so haben wir schon ein ordentliches körperliches Programm zu absolvieren. Dazu kommt noch, dass wir ziemlich viel mit dem Auto unterwegs sind, um in die einzelnen Orte, in denen wir auftreten, zu kommen. Wir müssen daher immer wieder Pausentage einlegen. Aber es macht großen Spaß und die Erfahrungen, die wir hier machen, sind großartig. Und die Fragen und Selbstzweifel, die uns im Winter immer wieder durch den Kopf gegangen sind, haben sich erledigt:
Wir sind Straßentänzerinnen, unser Platz ist die Straße und da sind wir auch wirklich gut! Natürlich gibt es mal bessere, mal nicht ganz so gute und mal supertolle Tage, aber insgesamt bekommen wir hier so viel positives Feedback und fühlen uns selbst beim Tanzen auch so gut, dass es keine Zweifel mehr gibt: wir haben unseres gefunden! Wie, in welcher Form, wo usw., das wird sich alles noch klarer zeigen, aber das ist im Augenblick auch gar nicht wichtig. Ich lerne in diesem ganzen Prozess immer mehr, im Hier und Jetzt zu sein. Natürlich gelingt mir das nicht immer, weil wir in unserer Gesellschaft ja gewohnt sind, zu planen, uns abzusichern und mindestens für die nächsten Monate wenn nicht Jahre genau zu wissen, wie das Leben laufen wird oder zumindest laufen soll. Aber gerade hier in Italien, unserem “alten Sehnsuchtsland” drängt sich mir diese Erkenntnis auf: was willst du mehr, sei hier, sei glücklich und vertraue darauf, dass es gut weitergehen wird. Und es geht ja gut mit uns und unserem verrücktem Leben!
So, jetzt bin ich ein bisschen ins Philosophieren gekommen. Also zum Schluss noch mal zurück auf den Erdboden und zu all den Schönheiten, von denen wir hier umgeben sind. Wir haben hier nämlich obendrein auch noch Sommer vom Feinsten: angenehme Temperaturen, laue Abende, kaum Wind und eine herrliche Blütenpracht. Als wir vor zwei Wochen angekommen sind, haben Millionen (ehrlich, nicht übertrieben!!!) von Akazien geblüht, jetzt blühen alle nur erdenklichen Arten von Rosen – manchmal sind sie sogar als Straßenbegrenzungen gepflanzt und auch da sind es unzählig viele Blüten. Und zu guter Letzt gibt es eine kleine Zitruspflanze, die sich auf Zäune und Mauern hinauf rankt, ganz kleine Blüten hat, aber unbeschreiblich köstlich duftet. Falls der eine oder die andere von euch also mal an einen Urlaub am Gardasee denkt – den Mai können wir dafür wärmstens empfehlen.
Aber wir sind ja zum Arbeiten hier … und das ist wunderschön!
Ciao, Sigrid
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